Guttenberg ist reif für die Fernsehshow

Mit der Hybris, der Selbstgerechtigkeit und dem Lagerdenken mancher Linker habe ich immer mal wieder Probleme. Was aber jetzt an Verteidigungsreden für Guttenbergs Horror-Dissertation aus der  rechten Ecke des politischen Spektrums dringt, ist mindestens so bizarr wie diese Tirade Jakob Augsteins.

Daniel Dettling, im Hauptberuf ein PR-Mann mit zweifelhaftem Ruf bei Lobbycontrol , lamentiert beispielsweise erstmal ellenlang darüber, dass es böse, böse Linke waren, die Guttenbergs Ideen-Klau aufgedeckt hätten, natürlich nur zum Zwecke einer Schmutzkampagne gegen den CSU-Hoffnungsträger.

Um dann diesen Stuss zum Besten zu geben:

„Dass er seitenweise fremde Gedanken übernommen hat, ohne die Quelle zu nennen, ist ärgerlich, aber verzeihbar, wenn darin keine Absicht liegt, bewusst zu täuschen und sich fremde Ideen und Ergebnisse anzueignen.“

Soso, ärgerlich, aber verzeihbar. Eine Petitesse halt. Entweder hat Dettling keine Ahnung vom wissenschaftlichen Arbeiten, oder er hat die von der FAZ dokumentierten „Stellen“ nicht gelesen.

Wer je im akademischen Betrieb gearbeitet hat, wird nicht glauben, dass es hier lediglich um ein paar vergessene Fußnoten geht.  Die Passagen sind zu lang und teilweise viel zu exponiert, als dass hier ursprünglich wörtliche Zitateinschübe geplant gewesen sein könnten. Außerdem wurden des öfteren einzelne Formulierungen leicht modifiziert. Das alles spricht für einen Täuschungsversuch. Wenn die Bayreuther Universität die wissenschaftlichen Standards  schützen will, wird sie Guttenberg den Doktortitel aberkennen müssen.  Zumal die Liste der laut GuttenPlag Wiki geklauten Textstellen länger wird.

Doch selbst, wenn Guttenberg seinen akademischen Titel behalten dürfte: Wer möchte denn im Verteidigungsministerium oder gar im Kanzleramt einen Politiker wissen, der dermaßen schlampig arbeitet und über Jahrhunderte gewachsene und bewährte  Standards grob missachtet. Jämmerlich ist auch, dass Guttenberg sich zu den Plagiatsvorwürfen nicht äußern mag, sondern auf Untersuchungen der Universität verweist. Nach dem Motto:  immer nur zugeben, was bereits nachgewiesen wurde.

Den von Zettel geäußerten Verdacht, dass wir es mit einem notorischen Blender zu tun haben, hatte ich auch früher schon gelegentlich. Insbesondere das, was Guttenberg als Wirtschaftsminister vor den Kameras von sich gab, klang – wenngleich wohlartikuliert und mit staatsmännischer Miene vorgetragen – wie von einer elektronischen Phrasendreschmaschine zusammengestoppelt.

Wer sich mitsamt Ehegesponst zum Gesamtkunstwerk stilisiert, riskiert logischerweise, dass das Ganze irreparabel beschädigt ist, sobald Zacken aus der Krone brechen. Zettel hat Recht: Je schneller sich Guttenberg zurückzieht, um seine Güter zu verwalten, desto besser für ihn.

Doch halt: Für Fernsehshows des Ehepaars Guttenberg wird´s  natürlich auch in Zukunft reichen. Letztes Wochenende, bevor Guttenbergs Plagiate bekannt waren, gab es einen witzigen Tweet mit Anspielung auf die Lage in Ägypten und die bevorstehende Wetten-dass-Sendung: „Wenn Gottschalk zurücktritt, übernimmt dann das Militär?“  Tja, warum nicht? In gewisser Weise.

Nachtrag, 12 .15 Uhr:

Zum Geschmacklosesten in der jetzt abgegebenen dürren Erklärung Guttenbergs gehört, dass er am Schluss den heute gemeldeten tragischen Tod eines Soldaten in Afganistan instrumentalisiert, um von seinem Versagen abzulenken.

Nachtrag, 19 Uhr

Die FAZ führt mehrere Fundstellen in Guttenbergs Dissertation an, die klar für vorsätzliche Täuschung und gegen bloße Fahrlässigkeit sprechen. Auch Zettel kommt dezidiert und völlig plausibel zu dem Schluss:

„Ist Guttenbergs Entschuldigung, es handle sich nur um Fehler, und keine bewußten Plagiate, aber überhaupt glaubhaft? Sie ist es nicht, und zwar aus einem einfachen Grund: Wenn man zitiert, dann verändert man den zitierten Text nicht.

Das einzige Erlaubte sind Auslassungen, wie ich sie in diesem Blog zum Beispiel durch ein „(…)“ kennzeichne. (Durch die Klammern wird deutlich, daß sich das Auslassungszeichen nicht bereits im zitierten Text findet, was ja sein könnte).

Nun haben die fleißigen Rechercheure von GuttenPlag Wiki inzwischen aber Plagiate aufgespürt, bei denen der Text verändert wurde. Und zwar genau so, wie das ein Student macht, der pfuschen will: Man ersetzt Wörter, fügt das eine oder andere hinzu, läßt etwas weg.“

Wenn die Uni Bayreuth Guttenberg damit durchkommen lässt (vielleicht, weil er beim Volk so beliebt ist), kann in den nächsten  Jahren kein Rektor und kein Unionspolitiker mehr das Wort „Wissensgesellschaft“ in den Mund nehmen, ohne dass dröhnendes Gelächter erschallt.

Tja, Spaß muss sein. Nach einer (nicht repräsentativen) Online-Umfrage der Financial Times Deutschland ist eine relative Mehrheit von 33 % der Ansicht, Guttenberg müsse auf die Gorch Fock versetzt werden, wenn er geschummelt habe.

Hier noch ein Video auf Spiegel Online, das den Tag gut zusammenfasst.

aus: FAZ

Ein Kommentar zu „Guttenberg ist reif für die Fernsehshow

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