Schrumpft Facebook?

Facebook hat bestätigt, dass es in einigen Ländern nicht mehr wächst. Wenn man sich allerdings die Daten aus Googles Ad Planner für Deutschland ansieht (Grafik unten), ist das womöglich eine Beschönigung. Danach schrumpft nämlich das Netzwerk – wenn nicht nach registrierten Nutzern, so zumindest nach Intensität der Nutzung: Die Zahl der täglichen Besucher ist im April 2011 niedriger als im Januar. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum hatte es dagegen noch ein strammes Wachstum gegeben.

Besucher von facebook.com aus Deutschland laut Ad Planner

Sicher, die wenigen Werte am aktuellen Rand verdienen zunächst mal eine vorsichtige Interpretation. Vielleicht sind es ja Ausreißer. Möglicherweise hat aber auch die Facebook-Müdigkeit, die  irgendwann zu erwarten war, jetzt bereits eingesetzt. Auch Realisten wie Becker/Joerges, die mit Social Media Geld verdienen, rechnen mit einer Abkühlung des Hypes entsprechend dem Gartner-Modell:

„Demnach sind wir gerade am ´Peak of Inflated Expectations´ bzw. dem ´Gipfel der überzogenen Erwartungen. Bitter, aber vermutlich Realität, denn demnächst wird es via ´ Tal der Enttäuschungen´ zum ´Pfad der Erleuchtung´ gehen um letztendlich dann doch auf dem ´Plateau der Produktivität´ zu landen. Wir wissen nicht, wie sich das in realen Nutzerzahlen niederschlagen wird, klar ist nur eines: Es wird rapide bergab gehen, um sich irgendwann auf einem realistischen Level einzupegeln.“

Das klingt  plausibel, allerdings kann das einzelne Social Network auch noch wesentlich tiefer stürzen,  wie man etwa  bei StudiVZ beobachten kann (siehe Grafik). Von einer Sympathiewelle wird Facebook in Deutschland offensichtlich nicht getragen. Schon gar nicht nach der neuesten Attacke auf die  „Fressefreiheit“ . Glaubt man einer Imageanalyse des Kölner Unternehmens YouGov Psychonomics, so bewegen sich die Imagewerte der Marke Facebook mit -7 BrandIndex-Punkten deutlich im negativen Bereich. Andere Online-Marken wie Google oder Amazon erreichen mit mehr als 80 Brandindex-Punkten ungleich bessere Werte. Die BrandIndex-Skala reicht von -100 bis +100 Punkten.

Besucher von StudiVZ aus Deutschland gemäß Ad Planner

Wie Zielgruppen nach dem Muster der 16-jährigen Tessa aus Hamburg-Bramfeld mit ihren 1.500 via Facebook akquirierten angeschickerten Partygästen jemals genug Werbeerlöse einspielen sollen, um die Bewertung des Unternehmens von 100 Milliarden Dollar zu rechtfertigen, weiß der Himmel. Was „Hirnduebel“ da gerade twittert, hieße zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: „Facebook ist angeblich 100 Milliarden wert. Man sollte es den Griechen schenken.“


 
 

Die UNO soll Facebook übernehmen

Es geht wieder zu wie in den wilden Zeiten der New Economy. Damals konnte ein Paid-to-Click-StartUp wie AllAdvantage.com, fast 200 Millionen Dollar Risikokapital einsammeln und damit den gemeinen Surfer für das Betrachten von Werbung bezahlen. Bis das Geld verballert war und die Börsenblase platzte. Gegenwärtig dreht sich vieles um gekaufte Facebook-Fans. In Ermangelung eines soliden Geschäftsmodells werden vor dem geplanten Börsengang bei Facebook ohne Ende Marketing- und Werbespielchen aufgepumpt. Dafür braucht es Anabolika bis zum Abwinken. „Geldverdienen durch Seiten mögen“ verspricht neuerdings Fanslave.com.

 Natürlich ist Fanslave entgegen seiner Behauptung keineswegs der einzige Anbieter, der bezahlte Claqueure anheuert. 166 Millionen Treffer wirft Google aus, wenn man „buy facebook fans“ eingibt. Der Fachredakteur Olaf Kolbrück hat kürzlich Einzelheiten über gefälschte und gekaufte Facebook-Fans recherchiert.

Die faszinierenden neuen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke werden durch getarnten Kommerz und Schleichwerbung hoffnungslos kontaminiert. Facebook könnte daran eines Tages zugrunde gehen. Too big to fail ist nämlich in der digitalen Wirtschaft niemand, wie man am Beispiel von AOL oder MySpace studieren kann. Man muss nicht staatsgläubig  sein, um Martin Weigerts Forderung nach einer non-profit-alternative plausibel zu finden. Also Marc Zuckerberg:  Gib das soziale Netzwerk den Vereinten Nationen!