Konsum ist die neue Leistung

Welche Verwirrung der Vulgärkeynesianismus manchmal anrichtet, lässt sich in der Jahresendausgabe des Spiegel besichtigen. In einer Konjunkturgeschichte des Wirtschaftsressorts („Europas Musterknabe“) stößt der Leser auf folgende Passage (S. 23), für die gleich vier Verfasser verantwortlich zeichnen:

„Der private Verbrauch spielt in den USA eine viel gewichtigere Rolle als in Europa. Mehr als 70 Prozent der Wirtschaftsleistung gründet auf dem Konsum.“

Wenngleich die kreislauftheoretische Bedeutung aller Nachfrageaggregate unbestreitbar ist, verhält es sich selbstverständlich genau umgekehrt: Konsum gründet sich auf wirtschaftliche Leistung. Außerhalb des Schlaraffenlandes jedenfalls.

Es handelt sich bei der Passage im Spiegel nicht um eine vereinzelte Sprachschlamperei, sondern um einen im linksliberalen Milieu verbreiteten systematischen Denkfehler. So gab zum Beispiel der Journalist Wolfgang Michal kürzlich in seinem Blog hinsichtlich einer anderen konsumfreudigen Volkswirtschaft folgendes zum Besten: 

„Denn Griechenland hat keine wettbewerbsfähige Industrie, keine nennenswerte Forschung, keine ´Exzellenzcluster´. Im Gegensatz zu anderen (exportstarken) europäischen Volkswirtschaften ist das Land vor allem auf den privaten Konsum angewiesen – er macht über 70 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.“

Hey, liebe Freunde, dann ist ja alles in Butter. Griechen und Amerikaner werden mit ihrer eindrucksvollen Konsumleistung im neuen Jahr die Weltwirtschaft retten.

Schuldenabbau hat noch gar nicht begonnen

Im Januar 2010 hatte McKinsey Global Institute  „Debt and Deleveraging“ veröffentlicht, eine bemerkenswert klare, 94-seitige Studie über „die globale Kreditblase und ihre ökonomischen Folgen“. Ein komplettes Update ist für den Herbst angekündigt, ein paar wichtige Daten wurden schon jetzt fortgeschrieben – siehe die Grafik unten.

Die Grafik zeigt, wie sich die Gesamtverschuldung der inländischen Sektoren (Privathaushalte, Unternehmen, Finanzsektor und Staat) in Relation zum BIP während der letzten beiden Jahrzehnte entwickelt hat. Unschwer ist zu erkennen, dass die großen früh industrialisierten Länder bis 2008 den „Pumpkapitalismus“ (Ralf Dahrendorf) in einem für Friedenszeiten bis dato nicht bekanntem Maße vorantrieben. Seit 2008 ist  die Schuldenquote in den meisten Ländern nicht im bisherigen Tempo weiter gestiegen. Ein nennenswerter Schuldenabbau wurde aber auch nicht erreicht. Vielfach wurde bloß umgeschichtet – der Staat sprang für die Privaten in die Bresche. Einen Sonderfall bilden offenbar die Franzosen, die nach Lehmann noch geraume Zeit weiter in die Schuldenfalle gerannt sind. Wer weiß, ob nicht  Jean-Claude Juncker und die anderen Euroretter demnächst mit der Feuerpatsche Großbrände auf der anderen Rheinseite zu löschen versuchen.  Entschuldungsprozesse, sagen die McKinsey-Leute, seien stets sehr schmerzhaft und historische Erfahrung lehre, dass es sechs bis sieben Jahre dauere, die Gesamtschuldenquote um ein Viertel abzusenken.

Aber bei uns soll ja nun – Spaß muss sein –  in Erwartung der nächsten Bundestagswahl erst mal ein  Rettungsschirm für die FDP gespannt werden, auch wenn 70 Prozent der Bevölkerung das ziemlich bescheuert finden.

Mitten im Aufschwung finden unsere famosen Patentliberalen es völlig ausreichend, wenn die Neuverschuldung – ja wir machen noch immer viele Milliarden Neuschulden! – ein bisschen niedriger ausfällt als vor einiger Zeit erwartet.  Sie wollen Steuern senken, ohne Ausgaben zu kürzen, also ein Wahlgeschenk auf Pump machen, obwohl die deutsche Staatsschuldenquote schon gut 20 Prozentpunkte über der Maastricht-Grenze liegt.

So müssen Haushaltskonsolidierung und staatlicher Schuldenabbau halt noch ein bisschen warten. Wer den FDP-Generalsekretär gestern im Stile eines leicht übermotivierten Fähnleinführers im Fernsehen zum Steuerthema argumentieren hörte, konnte sich fast schon seinen Ex-Chef Westerwelle zurückwünschen.

Die Politik der Wanderblasen

Medien und Politiker wollen uns immer noch weismachen, gierige Bonusbanker hätten ganz allein die Weltwirtschaft ins Unglück gestürzt. In Wirklichkeit führt jedoch das Wachstums-Mantra der Politik die hochentwickelten Ländern  immer tiefer in den Schlamassel. Das zeigen Andreas Hoffmann und Gunther Schnabl in einem lesenswerten Beitrag über Geldpolitik und wandernde Blasen, der jetzt in in der Ökonomenstimme veröffentlicht wurde.  Hoffmann und Schnabl argumentieren, dass die Zentralbanken seit Jahrzehnten im Abschwung mit starken Zinssenkungen reagieren, im Aufschwung aber nur zögerlich die Zinsen anheben. Die Geldpolitik ist daher asymmetrisch, ähnlich wie die Fiskalpolitik auch. Der Zinstrend zeigt seit 1980 nach unten.  Beide, Geld- und Fiskalpolitik, werden asymmetrisch eingesetzt – weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Das Wirtschaftswachstum darf nicht enden, nie und nimmer. Nicht mal, wenn die Bevölkerung schon schrumpft. Wahnsinn mit Methode eben.

Quelle: Andreas Hoffmann/Gunther Schnabl, Auf eine Blase folgt eine Blase folgt eine Blase

 

Die Zinsabsenkung führt seit Jahrzehnten zu zyklischen Überinvestitionskrisen. Und wenn die Geldpolitik beim Nullzins angekommen ist, muss die Fiskalpolitik ran – notfalls wird Geld gedruckt.  Asymmetrische Geld- und Fiskalpolitik (die sich zu Unrecht teilweise auf Keynes beruft) produziert seit Jahrzehnten globale Wanderblasen in wechselnden Assetkategorien. Die asymmetrische Geldpolitik in Reaktion auf Krisen erleichtere zwar die Rückzahlung von Krediten durch die Krisenopfer, schlussfolgern die Autoren.

 „Doch die Kosten von nationaler Krisen werden in Form höherer Finanzmarktvolatilität und zukünftiger Inflation verschoben, verschleiert und willkürlich verteilt. Wir empfehlen deshalb auf Grundlage der Theorien von Mises, Hayek und Minsky, die Abkehr von der sehr expansiven und asymmetrischen Geld- und Finanzpolitik, auch wenn diese schmerzhaft ist. Denn bringen die Zentralbanken den erforderlichen Mut zum Ausstieg nicht auf, ist die jüngste griechische Tragödie nur ein Meilenstein auf einer langen Schleife Boomphasen, Krisen und monetären Rettungsaktionen, die uns unweigerlich in eine Welt von Inflation und Stagnation führen wird.“

Die Kernschmelze des Pumpkapitalismus

Der Kolumne „Das Kapital“ in der FTD gelingt es immer mal wieder,  bewundernswert lakonisch die Weltläufte zu erklären. Unter der Überschrift „Die Enteignung, von der kaum jemand spricht“ hieß es gestern:

„Ein Banker ruft an und ist besorgt. Meint, dass seine Kunden noch jeden Schund kaufen würden, gleich was er koste, nur um die Kasse in ihren Portefeuilles auf ein Minimum zu reduzieren. Das ist genau das, was die Zentralbanken wollen, antworten wir: die Anleger in den Wahnsinn zu treiben, auf dass diese einen Vermögensmarkt nach dem anderen nach oben hieven. Und wer könnte es ihnen schon verdenken, wenn sie versuchen, ihr Geld loszuwerden? Reden wir nicht vom Euro-Raum, wo der Leitzins von einem Prozent mit einer Inflation von 2,4 Prozent konkurriert. In Britannien beläuft sich die Inflation nun auf 4,4 Prozent – bei einem Leitzins von 0,5 Prozent. Ergibt einen realen Satz von minus 3,9 Prozent. Und ist das beste Rezept für die nächste Runde von Blasenbildung und Kapitalfehlallokation.“

Sparer und Fixeinkommensbezieher sollen in den kapitalistischen Kernländern massenhaft enteignet werden, damit der Pumpkapitalismus noch eine – vielleicht seine letzte – Runde drehen kann. Wolfgang Münchau, früher mal FTD-Chefredakteur, heute Analyst in Brüssel und Kolumnist, untersuchte kürzlich unter der Überschrift „Kernschmelze des Kapitalismus“ die Interaktion von Atomcrash und Finanzkrise.

Der Atomcrash, so Münchau, wirke negativ auf die Solvenz Japans,  führe möglicherweise zur Korrektur der neuerlichen Asset Inflation in den internationalen Finanzmärkten, verschärfe die Probleme der Eurozone und trage zu dauerhaft steigenden Energiepreisen bei. Münchaus Schlussfolgerung finde ich plausibel:

„Welche dieser Krisenfaktoren überwiegen werden, ist noch nicht abzusehen. Sicher ist aber, dass nicht nachhaltige Systeme irgendwann untergehen. Für die Kernenergie ist dieser Moment spätestens mit Fukushima gekommen. In der Finanzindustrie wird der Prozess länger dauern. Eine Kernschmelze ist immer noch möglich. Und wenn wir das überstanden haben, vielleicht am Ende des Jahrzehnts, wird sich unserer kapitalistisches System von Grund auf geändert haben.“

Ob man von der bevorstehenden Kernschmelze des Kapitalismus schlechthin sprechen kann (wie Münchau in seiner Überschrift), bezweifele ich. Aber: Die Kernschmelze des von zauberlehrlingshaften Wachstumsfetischisten mit ankerlosem Papiergeld befeuerten Pumpkapitalismus steht sicher bevor.

 

Die große Arabien-Heuchelei

Mubaraks  Partei war noch bis Ende Januar Mitglied der Sozialistischen Internationale, aber kaum ein Medium findet das der Erwähnung wert. Es ist eh hochpeinlich, wie Politiker und Journalisten in kürzester Frist einen greisen Mann umetikettierten: vom befreundeten ägyptischen Staatspräsidenten zum folternden, mordenden Diktator und Pharao-Zombie. Um über ihren Opportunismus hinwegzutäuschen, solidarisieren sie sich um so angestrengter und wortreicher mit dem Freiheitskampf des ägyptischen Volkes.

Grafik: FAO

Wer sich derart vom Mantel der Geschichte gestreift fühlt, kann sich verständlicherweise nicht auch noch mit  schnöden Alltagsquerelen der Araber abgeben. So ist vielen entgangen, dass 40 Prozent der Ägypter von weniger als zwei Dollar am Tag leben und die steigenden Nahrungsmittelpreise ihnen den Schlaf rauben. Die Revolten in Ägypten und Tunesien sind zum Teil auch dem Umstand zuzuschreiben, dass der FAO-Index der Nahrungsmittelpreise einen historischen Höchststand erreicht und den bisherigen Rekord vom Sommer 2008 noch übertroffen hat (siehe Grafik).

Beim Blick auf die Zeitreihe muss man sich als Mensch des reichen Westens fragen, inwieweit wir zu diesen Preisexzessen beitragen, sei es als Klimasünder mit unseren CO2-Emissionen, sei es, weil wir es den Politikern und Notenbankern gestatten, Geld zu drucken als gäbe es kein Morgen – Geld, dass sich auch in den Rohstoff- und Foodmärkten seine spekulativen Anlagen sucht. Es ist bemerkenswert, wie auch die vielen linkskeynesianischen Freunde des Quantitative Easing und der forcierten Schuldenmacherei ganz selbstverständlich die Ärmsten der Welt für die Malaise leiden lassen wollen, die unsere reiche westliche Welt verursacht hat. Eine Welt, in der mittlerweile die Bevölkerungsmehrheit den Kampf mit dem Übergewicht verloren zu haben scheint. Der gute alte Keynes würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das Trauerspiel sähe.

siehe zu diesem Thema auch:

Franz Alt, „Ägypten und Tunesien – die ersten Klima-Revolutionen“ bei Carta

Gerald Braunberger, „Finanzinvestoren an den Rohstoffmärkten“ bei der FAZ

Tomasz Konicz, „Der erste große Klima-Aufstand“ bei Telepolis

Kleine Blasenkunde der Financial Crisis Inquiry Commission

Er habe mit dem voluminösen Bericht der amerikanischen Financial Crisis Inquiry Commission einen ganzen Tag verschwendet, sagt Steve Keen in seinem Blog Debtwatch:

„What it has delivered reads more like an unedited thesis by a journalism student (who is about to receive a “C” grade). There are plenty of quotes, lots of detail, some nice section headings and a few pretty graphs, but absolutely no analysis worthy of the name. …

If this is the best the US Congress can do, then the USA can look forward to many more years of this crisis–and many more crises in future.“

Begnügen wir uns also  mit zwei „pretty graphs“ aus dem Bericht. Weiterlesen „Kleine Blasenkunde der Financial Crisis Inquiry Commission“

Eisiges Konsumklima im Süden

Wenn man sich die von der EU veröffentlichten Konsumklimadaten anschaut,  muss man sich  fragen, wie Griechenland ohne Umschuldung aus der Abwärtsspirale herauskommen soll. Es gibt dort gegenwärtig kaum noch Haushalte, die mit Optimismus auf ihre Einkommensentwicklung im Jahr 2011 blicken. Das Übergewicht der Pessimisten gegenüber den Optimisten beträgt fast siebzig Prozentpunkte.

Während auch die Portugiesen pessimistisch wie nie gestimmt sind, unterscheiden sich die Spanier diesbezüglich kaum noch vom Durchschnitt der Eurozone. 2009 hatten bei ihnen die Pessimisten noch stärker als in Portugal die Oberhand gegenüber den Optimisten gehabt.  Für Irland wurden zuletzt aus nicht bekannten Gründen keine Daten veröffentlicht.

Weiterlesen „Eisiges Konsumklima im Süden“

Wachstumsfetischisten

„Das Bruttosozialprodukt … ist aus einer ganzen Reihe von Gründen kein hinreichender Maßstab der Wohlfahrt.“ Nein, dieser Satz stammt nicht aus der Begründung für die Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“, die der Deutsche Bundestag letzten Montag ins Leben gerufen hat. Der Satz ist fast vier Jahrzehnte alt. Er steht in einem Buch, das Horst Siebert, der spätere „Wirtschaftsweise“ und Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, im Jahr 1973 unter dem Titel „Das produzierte Chaos“ veröffentlichte.

Es gibt also seit Jahrzehnten kein Erkenntnisproblem mehr. Warum verspürt die Politik erst jetzt einen gewissen Handlungsdruck,  „das rein ökonomisch und quantitativ ausgerichtete Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Messgröße für gesellschaftliches Wohlergehen“  weiterzuentwickeln und  „etwa um ökologische, soziale und kulturelle Kriterien“ zu ergänzen, wie es beim Bundestag heißt? Nun, eine Antwort – zumindest eine Teilantwort – gibt die Grafik unten. Es ist eben erst jetzt an der Zeit, die Trauben für sauer zu erklären – jetzt, da sich die logarithmische Trendkurve der Wachstumsrate asymptotisch an die Null-Linie schmiegt.

Für die eh nur mickrigen Wachstumsraten der letzten Jahrzehnte wurde ökologisch Raubbau getrieben, eine für Friedenszeiten historisch einmalige fiskalische Verschuldungsorgie in Gang gesetzt und der Weg in den demographischen Niedergang eingeschlagen. Glücklicher sind die Deutschen bei alledem nicht geworden. Vielmehr deuten Allensbacher Daten auf eine Entkoppelung von BIP und Glück hin (Grafik unten). Nimmt man Daten zur allgemeinen Lebenszufriedenheit aus dem Sozio-Ökonomischen Panel (SOEP), so sieht es ähnlich aus. Das Phänomen ist aus der Glücksforschung längst bekannt: Jenseits gewisser Schwellenwerte tragen Einkommenszuwächse zur Wohlfahrt kaum noch bei.

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Thomas Strobl: Ohne Schulden läuft nichts

Die Erkenntnis, dass es sich bei der Finanzkrise um ein systemisches Problem handele, könne sich bisher öffentlich nicht durchsetzen, stellt Thomas Strobl fest. „Stattdessen wird von der Politik wie auch von den Medien das Bild des gierigen Bankers gezeichnet und ein Moraldiskurs geführt.“ Wenn ein Autor zu dieser Erkenntnis vorgedrungen ist – für die Hans-Werner Sinn vor einiger Zeit fast mal geteert und gefedert worden wäre –, darf ein lesenswerter Text erwartet werden. Strobls Buch ist lesenswert. Ich hatte es vor einiger Zeit in einem Rutsch am Wochenende durchgelesen, komme aber erst jetzt dazu, ein paar Zeilen zu schreiben.

Thomas Strobl alias weissgarnix verfügt über profunde ökonomische und ideengeschichtliche Kenntnisse, ohne zu den blutleeren Theoretikern zu gehören, die außer Schule und Hochschule vom Leben nichts gesehen haben. Der Stil ist locker und anekdotenreich, die Sprache meist angenehm präzise. Strobl beschreibt im ersten Kapitel den Kapitalismus als schuldengetriebenes System und zerpflückt die herrschende neoklassische Wirtschaftstheorie im zweiten Kapitel. Im dritten Kapitel untersucht er die Rolle des Bankensektors näher, um schließlich im vierten Kapitel zu fragen, was denn wohl, bitte schön, den Kapitalismus ablösen könnte, wo er doch so ungerecht und instabil sei.

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Zombies sind immer die Anderen

Unter der Überschrift „When Zombies win“ wunderte sich kürzlich Paul Krugman, dass Anhänger freier Märkte in der politökonomischen Debatte mehr denn je Oberwasser hätten, obwohl doch die gegenwärtige Krise das Scheitern ihrer Ideen belege:

„When historians look back at 2008-10, what will puzzle them most, I believe, is the strange triumph of failed ideas. Free-market fundamentalists have been wrong about everything – yet they now dominate the political scene more thoroughly than ever.“

So erstaunlich ist die Renaissance der Hayek & Co. gar nicht. Man braucht sich ja nur mal die Preisentwicklung bei Gold und Silber anzusehen. Dass die Staaten in der Krise seit 2008 gegensteuerten war wohl richtig. Offensichtlich gescheitert ist jedoch eine Jahrzehnte lange asymmetrische Politik, die sich, wenn auch zu Unrecht, auf Keynes berief. Die schon auf kleinste Störungen mit expansiver Geld- und Fiskalpolitik reagierte und selbst im Boom noch die Defizite der öffentlichen Haushalte ausdehnte.  Schneller als erwartet hat sich zudem in der aktuellen Krise – zumal in der Eurozone – gezeigt, wie schnell der rettende Staat selbst in Not geraten kann.

Es ist auch nicht so, dass der Paul Krugmans Positionen relativ nahestehende Vertreter im deutschen „Rat der fünf Weisen“, Peter Bofinger, in der Vergangenheit mit zutreffenden Einschätzungen stets brilliert hätte.  Noch im September 2006 lobte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung die Risikofreude der Amerikaner. Auf die Frage, warum mehr Risikofreude gut sei, tadelte er quasi seine Landsleute für die ausbleibende Immobilienblase:

„Gucken Sie sich nur einmal den Immobilienboom in den USA an! Die Amerikaner verschulden sich bis über beide Ohren, um Häuser zu kaufen. Wir dagegen sparen wie die Weltmeister, und obwohl die Zinsen sehr niedrig sind, kauft kaum jemand Immobilien.“

Markt- und Staatsgläubigkeit sind Geschwister. Anders als Krugman glaubt, belegt die Krise das Scheitern beider. Wir können uns nur an den Alten aus Königsberg und sein „sapere aude“ halten.