Welche Verwirrung der Vulgärkeynesianismus manchmal anrichtet, lässt sich in der Jahresendausgabe des Spiegel besichtigen. In einer Konjunkturgeschichte des Wirtschaftsressorts („Europas Musterknabe“) stößt der Leser auf folgende Passage (S. 23), für die gleich vier Verfasser verantwortlich zeichnen:
„Der private Verbrauch spielt in den USA eine viel gewichtigere Rolle als in Europa. Mehr als 70 Prozent der Wirtschaftsleistung gründet auf dem Konsum.“
Wenngleich die kreislauftheoretische Bedeutung aller Nachfrageaggregate unbestreitbar ist, verhält es sich selbstverständlich genau umgekehrt: Konsum gründet sich auf wirtschaftliche Leistung. Außerhalb des Schlaraffenlandes jedenfalls.
Es handelt sich bei der Passage im Spiegel nicht um eine vereinzelte Sprachschlamperei, sondern um einen im linksliberalen Milieu verbreiteten systematischen Denkfehler. So gab zum Beispiel der Journalist Wolfgang Michal kürzlich in seinem Blog hinsichtlich einer anderen konsumfreudigen Volkswirtschaft folgendes zum Besten:
„Denn Griechenland hat keine wettbewerbsfähige Industrie, keine nennenswerte Forschung, keine ´Exzellenzcluster´. Im Gegensatz zu anderen (exportstarken) europäischen Volkswirtschaften ist das Land vor allem auf den privaten Konsum angewiesen – er macht über 70 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.“
Hey, liebe Freunde, dann ist ja alles in Butter. Griechen und Amerikaner werden mit ihrer eindrucksvollen Konsumleistung im neuen Jahr die Weltwirtschaft retten.