„In Paris haben Terroristen der´Lügenpresse´das Maul gestopft“, schrieb FAZ-Herausgeber Berthold Kohler am Tag nach den Morden im ersten Satz des Leitartikel auf der Titelseite seiner Zeitung. Mit dem Wort „Lügenpresse“ spielte er auf die Dresdner Pegida-Demonstranten an. Die hatten das Wort bekanntlich skandiert. An späterer Stelle seines Artikels erklärte Berthold Kohler dann, wie sein Eingangssatz zu verstehen sei:
„Im Vorwurf ´Lügenpresse´steckt auch der Versuch, im Namen der Meinungsfreiheit die Meinungsfreiheit eines pluralistischen Pressewesens zu beschneiden… Hinter der Tat von Paris steckt keine andere Absicht, nur ihre Mittel waren extremer.“
Ohne Pegida-Anhänger zu sein, wüsste man gern, welche Mittel es konkret sind, mit denen die Dresdner, indem sie das Grundrecht der Versammlungsfreiheit wahrnehmen, nach Ansicht des FAZ-Herausgebers das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit wie mordende Terroristen bedrohen. Rufen sie etwa zur Abo-Kündigung auf?
Im Ernst: Der Ärger eines Journalisten über den Begriff „Lügenpresse“ ist verständlich. Kohler hat Recht, der Vorwurf ist in seiner Pauschalität ungerecht und maßlos. Es ist allerdings nur ein Demonstrations-Slogan und als solcher der differenzierten Argumentation von vornherein unverdächtig. Berthold Kohlers Kommentar ist in den zitierten Passagen ebenfalls ungerecht und maßlos. Er ist darüber hinaus, was schwerer wiegt, illiberal. Denn Kohler kritisiert keine Handlung, sondern eine Gesinnung, eine Absicht, die er den Versammlungsteilnehmern unterstellt.
Nachtrag, 10. Januar: Eine vom Zeitungsverlegerverband gestern veröffentlichte Karikatur transportiert dieselbe Botschaft wie der oben zitierte Leitartikel. Stefan Niggemeier, auch alles andere als ein Pegida-Anhänger, hat dazu einen längeren Beitrag geschrieben, dessen Tenor ich zustimme. Richard Gutjahr kommentiert die Debatte bei faz.net. Auch bei Wiesaussieht wird diskutiert.