Guttenbergs „putschistischer Regelverstoß“

Die neuesten Kommentare zeigen, dass die Sache keineswegs ausgestanden ist.

Es geht in der Causa Guttenberg um die Verteidigung republikanischer Errungenschaften gegen gutsherrenhafte Anmaßung. Es geht um intellektuellen Widerstand gegen die von Boulevard- und Klatschblättern betriebene Entpolitisierung, die – siehe Wahlbeteiligung – allmählich für die Demokratie bedrohlich wird. Es geht um die Verteidigung einer freien Wissenschaft gegen interessengeleitetes Dunkelmännertum.

Gustav Seibt: Der Herr des Verfahrens

„Guttenbergs putschistischer Regelverstoß steht in einer langen konservativen Tradition: Prinzipien als drehbare Geschütze. Gekrönt wird dieses Verhalten dadurch, dass der überführte Edelmann seinen Doktortitel von sich aus ablegt. (…)

Und ähnlich putschistisch-voluntaristisch war ja auch das Verhältnis des altpreußisch-konservativen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zu jener Weimarer Verfassung, auf die er immerhin einen Eid geschworen hatte. Was gut für Deutschland war, entschied er, je länger je mehr, zusammen mit einer adelig-industriellen Entourage ganz allein …“

24. Februar 2011, sueddeutsche.de

Berthold Kohler: Entlassen

„´Scheiß auf den Doktor´, empfahl (ihm) die ´Bild´-Zeitung. Wohl wahr: Ein Monarch braucht keinen Doktortitel. Auch den bunten Blättern reicht das Adelsprädikat.

Noch aber ist Deutschland eine Republik, und noch ist ein Plagiat Diebstahl geistigen Eigentums. Die Kanzlerin mag aus naheliegenden Gründen über Letzteres hinweggehen, wenigstens nach außen hin. Den Schaden im Kosmos der bürgerlichen Werte, den die Operation zur Rettung des gestrauchelten Bannerträgers nach sich zieht, kann aber auch Frau Merkel unmöglich übersehen.

23. Februar 2011, FAZnet

Harald Uhlig: Deutschland, das Land der Dichter und Denker? Zu Guttenbergs Betrug.

„…wer einen Grund sucht, warum viele Forscher in Deutschland in ihre innere Emigration gehen, der schaue nicht weiter, als auf diesen beschämenden Umgang der Regierung mit akademischen Titeln, dem Decken und Schützen eines Scharlatans, dem Verzögern und Taktieren in dieser sensitiven Sache, die sofortige und klare Stellungnahme erfordert hätte.“

24. Februar 2011, blog.handelblatt.com

Thomas Steinfeld, Die verachtete Wissenschaft

„Zurück aber bleiben nicht nur ein etwas angesengter Minister, sondern eine verheerte akademische Landschaft. (… ) Das liegt vor allem daran, dass in dieser Affäre deutlich wurde, was das regierende Personal tatsächlich über die Universität denkt. Es gebe in Deutschland andere Probleme als Fußnoten, sagte Volker Bouffier, der hessische Ministerpräsident (als ob Plagiate gleich Fußnoten wären). Und die Bundeskanzlerin erklärte, sie haben einen Verteidigungsminister und keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter berufen (als ob ein Täuscher und Blender dasselbe wäre wie ein Assistent).“

24. Februar 2011, sueddeutsche.de

Zettel: Belege dafür, dass Guttenberg lügt. Eine Handreichung. Das Messer im Rücken

„Dieser Mann, der schamlos lügt, ist eine Schande für das Bundeskabinett. Er ist eine Schande für unser Land.“
24. Februar 2011, Zettels Raum

„Kurz: nur von »Fehlern« zu sprechen und deren vorsätzliche Akkumulation einer plagiatorischen Tätigkeit in Abrede zu stellen, ist ein skrupellos fortgesetztes Täuschungsmanöver, das den Verstand jedes Denkenden beleidigt. Es offenbart einen Charakter, der – in die Enge getrieben – zu jedem Mittel greift, um sich dem Eingeständnis der Wahrheit zu entziehen.

Wer derlei bei einem Politiker nicht als Warn-Zeichen einer potentiell gefährlichen Person registriert, dem ist nicht zu helfen.“

titel-magazin.de, 24. Februar 2011

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